Ein neues ERP-System zu implementieren ist eine der größten Herausforderungen für mittelständische Unternehmen. Es betrifft nicht nur Technik und Daten, sondern Strukturen, Abläufe – und Menschen.
Viele Unternehmen unterschätzen, wie tief ein ERP-Projekt in die DNA eines Unternehmens eingreift. Es verändert, wie Daten fließen, wie Teams arbeiten und wie Entscheidungen getroffen werden.
Darum gilt: Eine ERP-Migration ist weit mehr als ein IT-Vorhaben – sie ist ein Transformationsprojekt.
1. Warum ERP-Projekte Unternehmensprojekte sind
Ein ERP-System bildet die zentrale Informations- und Prozessinfrastruktur eines Unternehmens ab – vom Einkauf über Produktion bis hin zu Vertrieb, Logistik und Controlling.
Damit greift eine Migration in nahezu jeden Geschäftsbereich ein.
Wer das Projekt als „reines IT-Thema“ behandelt, riskiert Akzeptanzprobleme, Fehlentscheidungen und teure Nacharbeiten.
Stattdessen sollte das Projekt von der Unternehmensführung gesteuert und getragen werden – mit klaren Verantwortlichkeiten, einem zentralen Lenkungskreis und aktiver Einbindung der Fachbereiche.
Denn: Nur wer die Prozesse versteht, kann entscheiden, wie sie künftig digital abgebildet werden sollen.
2. Risiken: Scope Creep, Anpassungswünsche und Zeitverzug
Kaum ein ERP-Projekt läuft exakt nach Plan. Die Gründe sind oft strukturell:
- Scope Creep: Der Projektumfang wächst während der Umsetzung, weil zusätzliche Wünsche oder Anforderungen auftauchen.
- Anpassungswünsche: Jede Fachabteilung hat „ihre“ Sonderfälle – was die Komplexität erhöht und Standardfunktionen verdrängt.
- Zeitverzug und Ressourcenknappheit: Fehlende Priorisierung oder zu geringe interne Kapazitäten führen zu Verzögerungen.
Das Problem: Jedes zusätzliche Feature, jede Ausnahmeentscheidung verlängert Laufzeiten und erhöht Kosten.
Ein klares Change-Management und eine frühe Priorisierung sind entscheidend, um das Projekt steuerbar zu halten.
3. Erfolgsfaktoren für eine reibungslose Migration
Erfolgreiche ERP-Projekte beruhen auf drei Grundpfeilern:
- Klare Anforderungen:
Eine detaillierte Prozessanalyse und saubere Dokumentation der Soll-Prozesse sind unverzichtbar. Nur wer weiß, was er braucht, kann sinnvoll auswählen und implementieren. - Professionelle Projektsteuerung:
Ein starkes PMO (Project Management Office) oder erfahrener Projektleiter sorgt für Struktur, Priorisierung und Kommunikation.
Methoden wie Meilensteinplanung oder Earned Value helfen, Fortschritte messbar zu machen. - Erfahrene externe Partner:
Externe Spezialisten bringen methodische Erfahrung, Best Practices und neutrale Sichtweisen ein. Sie helfen, typische Fallstricke zu vermeiden – und halten das Projektteam auf Kurs.
Ein weiterer Erfolgsfaktor: Frühzeitige Tests und Schulungen.
Sie stellen sicher, dass Systeme nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch funktionieren.
4. ERP-Migration als Chance zur Prozessoptimierung
Eine Migration ist die perfekte Gelegenheit, alte Zöpfe abzuschneiden.
Viele Unternehmen übernehmen ihre bestehenden Strukturen einfach ins neue System – und verpassen damit die Chance, Prozesse zu vereinfachen oder zu automatisieren.
Statt „1:1-Übertragung“ sollte das Motto lauten:
„Neu denken statt nur neu umsetzen.“
Das bedeutet:
- Redundante Schritte eliminieren,
- Verantwortlichkeiten neu strukturieren,
- Automatisierungspotenziale identifizieren,
- und Kennzahlen für Prozessqualität etablieren.
So wird aus einer ERP-Einführung ein echter Modernisierungsschub für das gesamte Unternehmen.
Fazit
Eine ERP-Migration ist ein Marathon, kein Sprint – und der Erfolg entscheidet sich nicht am System, sondern an der Herangehensweise.
Wer klare Ziele formuliert, Prozesse kritisch hinterfragt und die Organisation aktiv mitnimmt, schafft mehr als ein neues IT-System:
Er legt das Fundament für Transparenz, Effizienz und nachhaltiges Wachstum.
Denn am Ende gilt: Technologie ist nur so gut wie das Unternehmen, das sie nutzt.
